Ich

Wort zum Sonntag – 12. Sonntag im Jahreskreis – im Hohenloher Tagblatt und Haller Tagblatt


Ich

„Ich würde gerne …“
„ich möchte mal …“
„Ich will auch mal …“
„Endlich will auch ich …“
Wie oft am Tag, geht mir mindestens einer dieser Gedanken, bewusst oder auch unbewusst durch den Kopf?





„Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ So hören wir es am Sonntag bei Lukas (Lk 9.23)





… verleugne sich selbst … … verleugne sich selbst … … verleugne sich selbst …


Immer wieder denke ich an diese Worte. Sie klingen so hart. Ist das wirklich ernst gemeint von diesem Jesus? Und wenn ja, bin ich dazu wirklich bereit? Wie oft am Tag müsste ich das tun, mich selbst zu verleugnen – um Jesus nachzufolgen? Punktuell gelingt es mir vielleicht schon manchmal. Aber so grundsätzlich? Viel öfters fallen mir gute Gründe ein, es nicht zu tun.

Fridolin Stier übersetzt es etwas anders: „… der sage sich los von sich …“. Das klingt nur auf’s erste hinhören besser. Beim genaueren hinhören schüttelt es mich genau so.

Nachdenklich schaue ich in den morgendlichen Spiegel und später in die Menge der Menschen, die mir draussen begegnen. Ist überhaupt irgendjemand dazu bereit?

Wann bin ich in meinem Umfeld zuletzt, ja vielleicht jemals einem Menschen begegnet, der um der Nachfolge Jesu Willen, sich von sich selbst wirklich losgesagt hat? Mühsam und ganz zart meine ich mich an jemanden zu erinnern und gerate ins Staunen über deren entschiedene Demut die tief beeindruckt und Zeugnis gibt. Gäbe es doch nur mehr Menschen von dieser Sorte!

Aber bleibe ich bei mir: Herr, hilf mir, mich von mir und meinen Wünschen und Zielen loszusagen und die Nachfolge zu wagen.


Alles in der Hand eines einzigen

In diesen Tagen scheint das Leben vieler, ja Millionen, ja sogar Milliarden von Menschen in einer Hand zu liegen.

Dies ist ein ganz realer furchtbarer Irrsinn, den man kaum fassen kann. Ein Mensch trifft eine Entscheidung, geht einen Weg der Entäusserung, und dies führt ihn unweigerlich in die Situation, in der er das Absolute tun muss, weil er sonst verliert. Und er kann es nicht ertragen zu verlieren! Lieber legt er alles und sich selbst in Schutt und Asche.

Dieser irrationale Irrsinn ist es, der vielleicht uns – und vielen anderen, die den Glauben an den Nagel gehängt hatten – dazu führt, anzuerkennen, dass der Glaube zwar irrational aber eben gerade deswegen möglich, ja die einzige Rettung angesichts des oben beschriebenen Wahnsinns ist. Denn da war schon mal einer, der eine Entscheidung getroffen hatte, einen Weg ging, der in die Entäusserung führte – nur in die umgekehrte Richtung! Er konnte verlieren, weil er schon alles hatte: die Liebe eines für uns scheinbar so irrationalen Gottes. Auch dieser Mensch damals tat, was er tun musste und er hat sich selbst verloren und damit für uns Alle Alles gewonnen. Zukunft wo keine Zukunft mehr sein dürfte. Leben, wo eigentlich nur der Tod herrscht. Liebe wo eigentlich nur der Hass regiert.

In diesen Tagen kann uns klar werden: die Zukunft vieler, ja Millionen, ja Milliarden, ja aller Menschen liegt in einer Hand. In der Hand dessen, der bereit war, alles zu verlieren – aus Liebe! Er sprach aus dem Dornbusch, er sprach am Kreuz, er sprach aus dem Grab, er spricht durch den der weht. Sein Name war, ist und wird immer sein!